Pen and Paper eigene Abenteuer schreiben leicht gemacht

“Wie schreibe ich ein eigenes Pen and Paper Abenteuer? Wo fange ich an? Was sind wichtige Informationen und was kann ich weglassen? “

Oder Fragen wie:

“Wieso gehen meine Pläne im Abenteuer nicht auf? Wie kann ich verhindern, dass meine Spieler die Handlung kaputt machen?”

Diese Fragen und noch viel mehr werden in diesem Artikel beantwortet. Ich zeige dir zuerst wie du das richtige Verständnis für ein Pen and Paper Abenteuer entwickelst und was eine Handlung von der in Filmen und Büchern unterscheidet. 

Anschließend erkläre ich dir, wieso du dich beim Pen and Paper Abenteuer Schreiben auf die Vorbereitung statt Planung konzentrieren solltest und Railroading verhinderst. Zu Guter Letzt gebe ich dir eine Schritt für Schritt Anleitung, mit der du ein perfektes Abenteuer schreibst.  

Pen and Paper eigene Abenteuer schreiben: Das richtige Verständnis

Ein Pen and Paper Abenteuer unterscheidet sich in einem sehr wichtigen Punkt von Abenteuern in Büchern und Filmen. Sie sind nicht statisch und sie sind nicht linear. Was heißt das genau?

Nicht statisch meine ich, dass der Ausgang des Abenteuers nicht festgesetzt ist. Wie sich die Geschichte entwickelt und wie sie endet wird erst beim Spielen gemeinsam herausgefunden. Wenn du ein und dasselbe Abenteuer mit einer anderen Gruppe spielst, wird sich die Geschichte wahrscheinlich sehr anders entwickeln.

Nicht linear bedeutet, dass es keinen vorgeschriebenen Weg gibt der in einer bestimmten Reihenfolge zum “richtigen” Ende führt. Wie die Charaktere vorgehen ist ganz ihnen überlassen. 

Diese Unbestimmtheit, dieser Aspekt des dynamischen Geschichtenerzählens ist das grundlegende Unterscheidungsmerkmal eines Pen and Paper Abenteuers von anderen Medien, ob Film, Buch oder Videospiel.

Wenn du dazu mehr erfahren willst empfehle ich dir herzlich meinen Artikel Mit der Pen and Paper Theorie zum maximalen Spielspaß.

Pen and Paper eigene Abenteuer schreiben: Vorbereitung statt Planung

Aufgrund des dynamischen Merkmales musst du deine Abenteuervorbereitung diesem Umstand anpassen. Du konzentrierst dich auf die Vorbereitung statt auf die Planung.

Die Vorbereitung umfasst den Rahmen des Abenteuers. In welchem Ort findet das Abenteuer statt? Wer sind die wichtigen und relevanten Bewohner und Fraktionen?

Was sind ihre Motivationen und Ziele? Was geschieht da gerade? Welchen Konflikt gibt es?

Das alles zählt als Vorbereitung. Zur Planung wird es plötzlich wenn du versuchst zu ergründen wohin sich das Abenteuer entwickeln könnte. 

Was könnte passieren, wenn die Spieler dies und jenes tun? Wenn die Spieler hier hin gehen, dann passiert das. Wenn sie mit dieser Person sprechen lasse ich sie angreifen. Die Hinweise und Geheimnisse finden sie in diesem Raum, in dieser Schublade. 

Wenn du anfängst in die Planung zu gehen, dann bist du leider falsch abgebogen und verschwendest deine kostbare Zeit. Und wieso das?

Weil Pläne bekannterweise nach den ersten Spielminuten über Bord geworfen werden. Die “Schuldigen” sind deine Spieler. Sie schaffen es einfach immer unvorhergesehene Dinge zu tun und deine Pläne zu durchkreuzen.

Wenn du deine Planung aber dennoch durchsetzen willst, bedienst du dich bewusst oder unbewusst einer dunklen Technik. Dem Railroading.

Das kontroverse Railroading

Beim Railroading haben die Spieler das Gefühl auf einer festen Bahnstrecke zu fahren. Egal was sie tun, ihre Handlung hat keine große Auswirkung auf den Verlauf oder sogar auf den Ausgang des Abenteuers.

Railroading hat kann viele Gründe haben. Angefangen damit, dass die Struktur des Abenteuers sehr linear und statisch vorbereitet und geplant wurde. Ein weiterer Grund kann sein, dass der Spielleiter nicht spontan auf Entwicklungen reagieren kann und um den weiteren Verlauf bangt.

Railroading entzieht den Spielern die Rolle von Autoren/ Akteuren und macht sie mehr zu Zuschauern. Im Pen and Paper Theorie Artikel nenne ich es die Rolle der Audienz. Die Spieler haben das Gefühl keine wirkliche Handlungsfreiheit zu besitzen.

Es gibt sicher Gruppen, die ein eher lineares Spiel bevorzugen. Häufig wenn die Spieler gerne eher reaktiver statt aktiver spielen und der Spielleiter gerne seine vorgefertigte Geschichte erzählen möchte. 

Das ist in Ordnung, wenn die gesamte Gruppe sich auf diesen Spielstil geeinigt hat. Ich finde jedoch, dass damit das wunderbar aufregende und grundlegende Potenzial eines Pen and Paper Rollenspiels verschenkt wird.

Wie verhinderst du Railroading? Indem du deine Rolle als Spielleiter verstehst, das richtige Mindset annimmst und die richtige Abenteuervorbereitung beachtest.  

Pen and Paper eigene Abenteuer schreiben: Die Schritt für Schritt Anleitung 

Bei der Abenteuervorbereitung, gehe ich davon aus, dass du dich bereits für ein Setting/ eine Spielwelt entschieden hast. Diese Anleitung ist gänzlich unabhängig von dem verwendeten Genre und Regelwerk. Du kannst sie absolut immer verwenden.  

Die Anleitung

1. Welche Art Abenteuer?

Grundsätzlich gibt es 4 Arten von Abenteuern. Vereiteln, Liefern, Sammeln und Entdecken.

Vereiteln: Ist eine klassische search and destroy Mission. Jemand oder etwas soll besiegt werden und das Abenteuer besteht daraus, dass es schwierig ist zum Zielobjekt zu kommen. Dann ist es schwierig das Zielobjekt zu besiegen.

Liefern: Etwas oder Jemanden von A. nach B. bringen. Die Helden haben dabei Schwierigkeiten. Wenn du mehr Würze einbauen willst, gestalte das Abenteuer so, dass die Helden merken, dass es nicht so gut war die Lieferung zu bringen. 

Der Empfänger könnte ein Schurke sein, der mit dem gelieferten Objekt oder Person entweder etwas schlimmes anstellen will oder dazu nutzt einen bösen Plan zu vervollständigen.

Sammeln: Die Helden sollen etwas sammeln, und diese Tätigkeit ist aus bestimmten Gründen schwierig zu bewerkstelligen.

Entdecken: Sehr ähnlich wie das Sammeln, hierbei müssen die Helden aber erst einmal einen Ort, Person oder Gegenstand finden und entdecken. 

Frage dich zu Beginn der Abenteuervorbereitung, welchen Typ Abenteuer du nutzen willst.

2. Checke die Charaktere (wenn vorhanden)

Die Charaktere deiner Spieler können dir Ideen für den Inhalt des Abenteuers geben. Im besten Fall haben sie alle eine gut ausgearbeitete Hintergrundgeschichte. Sie gibt dir Futter für wichtige Personen, Organisationen und Ziele die mit den Charakteren verflochten sind.

3. Wo spielt das Abenteuer?

Eine wichtige Frage. Ist es eine Stadt? Ein großer Höhlenkomplex? Im Wald? Versuche hier nicht zu überlegen wo deine Spieler hin gehen könnten, sondern an welchem Ort die unabhängigen Fronten agieren.

4. Erschaffe Fronten 

Fronten sind Personen, Organisationen aber auch abstrakte Dinge wie Krankheiten und Naturkatastrophen.

Fronten sind ganz unabhängig von den Spielercharakteren da. Die Fronten haben alle ihre eigenen Ziele und Motivationen.
Zum Beispiel:

  • Ein Bürgermeister der drakonische Steuern eintreibt, um Schutzgeld an einen Drachen zu zahlen.
  • Eine Seuche die ein Dorf befällt und alle langsam zu Stein erstarren lässt. 

Habe deinen Abenteuertyp im Hinterkopf und kreiere eine Front die dazu passt. Beschränke dich zunächst auf eine Hauptfront und wenn du magst erschaffe noch ein bis zwei Nebenfronten. 

Das gute an Fronten ist, dass sie dir helfen auf die spontane Natur des Pen and Papers gut zu reagieren. Je nachdem wie sich deine Spielercharaktere verhalten, kannst du mit den Fronten darauf mit glaubhaften Entwicklungen antworten. 

5. Beginne mit einem eindeutigem Hook und einem Ereignis

Du hast den Abenteuertyp und die Fronten. Steige beim Abenteuer direkt mit einem klaren Ereignis ein und einem offensichtlichen Abenteuer Hook, also einen Haken an dem die Spieler anbeißen.

Versuche das möglichst aufregend zu gestalten. Formuliere dazu einen konkreten Satz: 

“Die Helden kommen in eine Stadt in der auf den Straßen laut gegen das neue Steuergesetz demonstriert wird, es werden Rufe vernommen die mit Aufstand und Bürgerkrieg drohen und die Helden geraten in die Schneise zwischen Demonstranten und dem Prügeltrupp der Stadtwache.”

Die Helden sind mitten im Getümmel, sehen einen Konflikt und können selber entscheiden was sie tun möchten. Sich auf die Seite des Bürgermeisters stellen? Auf die Seite der Demonstranten? Was ist der Hintergrund dieses drakonischen Steuergesetzes? Hier beginnt die Bühne für die Spielercharaktere.

6. Notiere mögliche Szenen und coole Ereignisse

Hier überlegst du dir passende mögliche Szenen und coole Ereignisse die in dem Abenteuer vorkommen könnten. Ganz wichtig, dass du dich hier pro Szene und Ereignis kurz hältst. Eine Zeile oder ein Satz reicht aus. 

Und noch wichtiger: Siehe diese Liste nur als Vorschlag  und sei bereit diese Szenen “in den Müll zu werfen”.

Diese Liste dient nur dazu, dass du dich ein wenig vorbereiteter fühlst. Aber sei bereit auf die Handlung und den Aktionen der Spieler spontan zu reagieren.   

7. Definiere Geheimnisse und Hinweise

Notiere zehn Geheimnisse und Hinweise, die die Charaktere in der nächsten Spielsitzung entdecken könnten. 

Jedes Geheimnis oder jeder Hinweis enthüllt ein Stück der Story oder der Geschichte des Abenteuers, der Welt und ihrer Bewohner. Hier eine Liste was ein Geheimnis oder einen Hinweis ausmacht:

  • Die Infos sind nie Trivial
  • Bieten Geschichte (Wieso etwas in der Welt passiert)
  • Storyrelevantes
  • Hinweise für wichtige Orte und Items

Geheimnisse und Hinweise müssen nicht in „Quest“ Form gedacht werden, entwickeln sich aber häufig dazu.

Halte Geheimnisse und Hinweise abstrakt davon, wie sie enthüllt werden könnten. Improvisiere die Entdeckung von Geheimnissen während des Spiels. 

Schmeiß Geheimnisse weg, die während einer Sitzung nicht enthüllt werden und schreib jedes Mal eine neue Liste.

8. Entwickle interessante Orte

Überlege dir für das Abenteuer interessante und fantastische Orte. Orte sind von der Größenkategorie entweder einzelne Räume, Höhlen oder Gebäude. Eine Stadt als Ort wäre zu groß und sollte aufgespalten werden.

Schreibe dir zuerst einen stimmungsvollen Namen für den Ort auf, der direkt Erwartungen an diesen weckt. 

“Knochenaltar des Dämonenfürsten” produziert direkt ein Bild im Kopf. Schreibe anschließend 3 relevante Aspekte des Raumes auf. Diese Aspekte müssen in irgendeiner Form relevant sein. Ob wichtig für den Raum selbst, oder nützlich, oder ganz einfach Dinge mit denen die Spielercharaktere interagieren können.

Für das Beispiel könnte die Notiz so aussehen:

Knochenaltar des Dämonenfürsten

  • riesiger uralter Altar, gänzlich aus Knochen aller Rassen und sogar längst ausgestorbenen Wesen
  • Runen an den Wänden die dem Leser versprechen, dass Gruk Nal Zog der Dämonenfürst auch deine Knochen seiner Sammlung hinzufügen wird
  • Eine riesige Auswahl an verschiedenen Werkzeugen zum foltern und skelettieren

Wie mit Szenen, solltest du bereit sein die Orte nicht unbedingt zu nutzen. Anders als bei Szenen und Geheimnissen, kannst du Orte abspeichern, später nutzen und wenn nötig etwas abwandeln damit es besser passt. 

Ich empfehle dir ein bis zwei Orte pro Stunde der geplanten Spielsitzung zu erstellen.   

9. Notiere wichtige Npc´s

Die wichtigsten Nicht-Spieler-Charaktere kannst du  im voraus planen. Die ergeben sich auch schon durch die Fronten. Die NPCs, die du vorbereitest, werden in erster Linie diejenigen sein, die die Spielsitzung und das Abenteuer vorantreiben. Alle anderen NPCs werden spontan im Spiel erfunden.

Halte deine NPCs kurz: einen Namen, eine Verbindung zum Abenteuer und ein Charakter-Archetyp aus der Pop-Kultur ist oft genug. Wechsel das Geschlecht und vermeide Stereotypen, um deine NPCs einzigartig und interessant zu machen.

Wie bei allen anderen Teilen deiner Vorbereitung, musst du bereit sein, deine NPCs wegzuwerfen, wenn sich die Geschichte in eine unerwartete Richtung bewegt.

10. Notiere relevante Monster und nutze die Zeit für Bosskämpfe

Wähle Monster aus, die für die Geschichte, die Situation und den Ort sinnvoll sind. Improvisiere Begegnungen auf der Grundlage der Geschichte und der Situation während des Spiels.

Verbringe deine Zeit damit, Bosskämpfe aufzubauen. Damit sie epischer werden, solltest du hier mehr Zeit und Überlegungen investieren als in die kleinen Kämpfe.

11. Belohnungen überlegen

Die Spieler lieben magische Gegenstände oder andere Belohnungen. 

Frage die Spieler zu Beginn einer Kampagne und danach alle sechs Sitzungen, welche Sorte Gegenstände sie für ihre Charaktere haben möchten.

Schreibe ihre Antworten auf und überprüfe diese Antworten dann, wenn du die Charaktere in Schritt zwei der Anleitung durchgehst.

Wenn es zur Geschichte passt, wähle einen interessanten Gegenstand für einen der Charaktere aus und plane, ihn in das Spiel einzubringen.

Binde magische Gegenstände an die Geschichte, indem du sie entweder als Mittelpunkt einer Quest oder als Verbindung zu einem Geheimnis oder Hinweis verwendest.

Fazit

Und das war es auch schon mit der Abenteuervorbereitung. Du hast nun eine gut funktionierende Anleitung zur Hand und weißt wie du dein eigenes Pen and Paper Abenteuer schreiben kannst. 

Du achtest darauf nicht statisch und linear das Abenteuer zu schreiben und trennst zwischen Vorbereitung und Planung. Du achtest darauf nicht die Technik des Railroading zu nutzen, da du damit die Freiheit der Spieler beschneidest.

Und du achtest ebenso darauf nur die wirklich relevanten Dinge vorzubereiten und nutzt dafür die 11. Punkte Anleitung.  


4 Antworten auf „Pen and Paper eigene Abenteuer schreiben leicht gemacht“

Ein toller Blog! Besonders die 11-Punkte-Anleitung hat mir sehr geholfen, mich auf mein erstes RPG als Spielleiter vorzubereiten. Vielen Dank an Olli und den kleinen Murphy für das sorgfältige Zusammentragen der Informationen, ich freu mich schon drauf meine Ideen umzusetzen 🙂

Dankesehr, der Beitrag war super, da ich bisher immer viel zu viel im voraus GEPLANT anstatt vorbereitet habe. Interessanterweise waren die Runden, in denen ich so wenig wie möglich geplant habe, die lustigsten, da sie eben so spontan waren. Und die Runden, in denen ich eben zu sehr auf das im Beitrag erwähnte „Railroading“ zurückgriff, waren etwas eintöniger.

Wirklich guter Beitrag, hat mir geholfen.

Das bringt es wirklich auf den Punkt! Ich mag vor allem die vier Abenteuersettings (Sammeln, Vereiteln, Entdecken und Liefern) – das bricht im Grunde wirklich alle Arten von Abenteuern herunter. Ich füge oft noch den Gedanken hinzu, wie ich der Gruppe für dieses Abenteuer eine bestimmte Ressource entziehen kann (z.B. ein Grund, warum hier Magie (getrennt nach göttlicher und arkaner Magie) nicht richtig funktioniert, warum die Spieler nicht mit den Leuten vor Ort reden können, warum der Paladin hier nicht erkannt werden darf etc.). Eine (mehr oder weniger abschließende) Liste, wie für die Abenteuersettings, wäre auch ganz prima für die möglichen Orte (Stadt, Mine, Palast, Gewölbe, Gebirge, Wüste, auf dem offenen Meer, im Wald, etc.). Das regt die Fantasie an und hilft bei der Entwicklung einer Abenteueridee. Bitte mach weiter mit deinem Blog – er ist gut durchdacht und macht viel Spaß!

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